Letzte Woche durfte ich mit tollen Gästen in den Dolomiten unterwegs sein. Dass diese Berge zum Weltnaturerbe gehören versteht man spätestens dann, wenn man selber mal zwischen den Zacken und Gipfeln gewandert ist. Wir waren im Rosengarten unterwegs, einem prächtigen Bergmassiv, das wir sechs Tage lang durchquert und von allen Seiten betrachtet haben.
Als wir auf den Schlernhäusern übernachtet haben, gab’s abends Dolomiten-Kino vom Feinsten: das berühmte Bergleuchten. Die letzten Strahlen der Sonne tauchen die „bleiben Berge“, wie die Dolomiten auch genannt werden, in die schönsten Rottöne. Der Sage nach ist der Zwergenkönig Laurin dafür verantwortlich. Dort, wo heute die Felsen stehen, stand einst sein prächtiger Rosengarten. König Laurin hatte hier seinen Kristallpalast und herrschte über sein Zwergenvolk. Er liebte seinen Garten mit den wundervollen Rosen so sehr, dass er einen Seidenfaden um ihn spannte. Wer sich in dem Faden verwickelte, dem schlug er eine Hand und einen Fuß ab.
Keine Einladung für Laurin
Eines Tages hörte König Laurin, dass der König an der Etsch einen passenden Bräutigam für seine Tochter Similde suchte. Alle edlen Ritter und Könige der Umgebung wurden eingeladen, um Similide zu umwerben. Nur der Zwergenkönig nicht. Doch der gekränkte Zwerg ließ sich nicht entmutigen. Er setzte seine Tarnkappe auf, die ihn unsichtbar werden ließ (Harry Potter lässt grüßen!) und fuhr zu dem Turnier, auf dem die tapfersten Männer kämpften und um die Hand der Königstochter warben. Am letzten Tag waren nur noch Hartwig und Wittich übrig, die endlos gegeneinander kämpften, bis plötzlich ein Schrei von der Tribüne für Tumult sorgte. Similde war spurlos verschwunden. Laurin galoppierte mit ihr auf seinem Pferd, geschützt durch die Tarnkappe, hinfort. Doch der Verdacht fiel schnell auf den Zwergenkönig und so brachen Hartwig und Wittich auf, um die schöne Similde mit Hilfe des berühmten Fürsten Dietrich von Bern, zu befreien.
Verräterische Rosen
Laurin verfügte über einen „Zwölfmännergürtel“, der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh. Mit diesem und seiner Tarnkappe wagte er sich in den Kampf. Die Ritter konnten den Zwerg ja nicht sehen, ihre Schwerthiebe gingen ins Leere. Bis einer rief: „Schaut auf die Rosen, an ihnen kannst Du sehen, wo er sich bewegt!“ So hatten seine geliebten Rosen König Laurin verraten, der bald darauf gefangen genommen werden konnte. Als die Ritter mit der geretteten Similde und dem Zwergenkönig im Schlepptau zurück ins Etschtal ritten, drehte sich König Laurin nochmals um und verfluchte seinen Rosengarten: Niemals mehr solle er gesehen werden. Weder bei Tag, noch bei Nacht. Doch Laurin vergaß, dass es noch eine Zeit dazwischen gab – die Dämmerung. Und in der strahlt der Rosengarten noch immer in seinen prächtigen Farben…
Eine schöne Sage, oder? Falls Du selber das Rosengartenleuchten noch nicht erleben durftest – Hier kommt ein kleiner Vorgeschmack.