5 Mythen über die Alpenüberquerung auf dem E5

Es ist aktuell die wohl beliebteste Route über die Alpen: Der Abschnitt von Oberstdorf nach Meran auf dem E5, dem Europäischen Fernwanderweg Nummer 5. Kein Wunder, dass die Route so geliebt wird. In nur sechs Tagen führt Dich der abwechslungsreiche Weg vom Allgäu ins Lechtal, weiter in die Gletscherwelt des Pitztals und schließlich hinüber ins Schnalstal und ins mediterrane Meran.

Doch wie es so ist, mit den „Promis“ – Es wird viel üebr sie berichtet und erzählt, doch nicht alles davon stimmt. Bergwanderführerin, International Mountain Leader und E5-Expertin Nina von BERGBEGEGNUNGEN klärt 5 Mythen über den E5 und sagt Dir, was wirklich dran ist…

1.) Jeder kann den E5 laufen.
Nein. Schlicht und ergreifend Nein. Auch wenn in diversen Medienberichten und Internet-Foren darüber berichtet wird, wie einfach der Weg ist, Bilder gezeigt werden, wie kleine Kinder, Hunde und Senioren über die Alpen wandern – Der E5 ist kein Spaziergang! Und auch keine einfache Wanderung. Es handelt sich dabei um eine alpine Route, für die Wandererfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig sind. Ja, immer wieder trifft man auf dem E5 auch jene, die vorher noch nie wandern waren und gleich die Transalp laufen. Und ja, einige von ihnen kommen auch ohne Unfall durch. Aber eine gute Idee ist das nicht. Meist hatten sie vor allem Glück mit dem Wetter. Denn spätestens wenn das umschlägt, wird der E5 bissig. Nur wer über ausreichend Bergerfahrung verfügt, kann sich sicher etwa im Neuschnee bewegen oder im Nebel orientieren. Insofern mein Tipp: Sammle zunächst Erfahrung im Hochgebirge, bevor Du den E5 zu Deinem Projekt machst. Probiere Tages- und Wochenendtouren mit Hüttenübernachtungen aus, bau Deine Kondition und Dein technisches Können auf und brich dann zur Alpenüberquerung auf. Je leistungsstärker Du bist, umso mehr Freude wirst Du auf dem Weg haben.

2.) Auf dem E5 ist man nie alleine.
Jein. Tatsächlich hat die Zahl der Wanderer, die sich auf dem E5, vor allem auf dem Abschnitt von Oberstdorf nach Meran, tummeln, steigt jedes Jahr an. Etwa 22.000 sind es aktuell pro Saison. Wenn man bedenkt, dass die Saison nur von Anfang Juni bis Ende September reicht, kann sich jeder ausrechnen, was auf dem Weg los ist. Dennoch kann, wer will auch am E5 zwar keine absolute Bergeinsamkeit, aber doch ruhige Zeiten, erleben. Dafür empfiehlt es sich, morgens deutlich vor den Bergschulen von den Hütten zu starten, oder antizyklisch am späteren Vormittag. Dann musst Du allerdings ggf. Deine Etappen anpassen, bzw. so fit sein, dass Du die Etappen in kürzerer Zeit schaffst. Als Starttage sind mittlerweile Donnerstag und Freitag wieder entspannter. Aber auch da laufen Bergschulen mit größeren Gruppen los.

3.) Für den E5 reichen Trailrunningschuhe.
Nein. Ich kann gut nachvollziehen, dass sich so mancher an heißen Sommertagen etwa auf dem Panormaweg nach Vent vor allem nach einem sehnt: Leichten Trekkingschuhen oder -sandalen. Aber Fakt ist, dass Trailrunningschuhe an den allermeisten Tagen und auf den allermeisten Abschnitten auf dem E5 für die allermeisten Menschen nicht die richtige Wahl sind. Denn sobald der Untergrund feucht ist, wird er rutschig. Wenn Restschneefelder überquert werden müssen, oder Neuschnee gefallen ist (was auch im Hochsommer durchaus der Fall sein kann!), landet der Schnee schnell in den halbhohen Schuhen, was zu nassen Socken und damit in Windeseile zu Blasen führt. Wenn Du in Schutthalden läufst, sind die Steinchen schneller in Deinen Schuhen, als Du glaubst. Und im felsigen Blockgelände sind die Knöchel in halbhohen Schuhen nicht ausreichend genug geschützt. Kurzum: Der richtige Begleiter an Deinen Füßen ist ein ordentlicher Wanderschuh aus der Kategorie B/C (also bedingt steigeisenfest).

4.) Die Hütten müssen mich beherbergen.
Jein. Die meisten der Hütten, die auf der Standartroute über den E5 angesteuert werden, sind Alpenvereinshütten. Sie definieren sich als Schutzhütten. Das bedeutet, dass Du nicht abgewiesen werden darfst, wenn Du Schutz benötigst und nicht mehr ins Tal absteigen kannst – sei es, weil die Uhrzeit es nicht mehr zulässt, oder Dein Gesundheitszustand. Auch wenn alle Matratzenlager und Betten belegt sein sollten, wirst Du irgendwo untergebracht. Im Winterraum, in der Gaststube, auf dem Flur. Hauptsache Du hast über Nacht ein Dach über dem Kopf.
Gerade in der Hochsaison empfiehlt es sich aber, unbedingt Deinen Schlafplatz frühzeitig zu reservieren. Die DAV-Hütten dürfen bis zu 90 Prozent ihrer Schlafplätze über das Reservierungssystem herausgeben, nur zehn Prozent bleiben für spontane Ankömmmlinge. Die Reservierung erfolgt je nach Hütte über das Online-Buchungssystem der Alpenvereine, per Mail oder Telefon.

5.) Wenn die Hütten belegt sind, kann ich mein Zelt aufschlagen.
Nein. Das Zelten ist an den den meisten Stellen auf dem E5 verboten. Zelten wird als „geplante Übernachtung“ gewertet und ist damit nicht gestattet. Anders verhält es sich, wenn Du z. B. in die Dunkelheit kommst oder verletzt bist und ein Notbiwak aufschlagen musst. Dies ist überall für eine Nacht gestattet. Du solltest dann aber auch wirklich „ungeplant“ anhalten, nur einen Biwaksack zum Übernachten nutzen und selbstverständlich keine Spuren hinterlassen (sprich: Müll mit ins Tal nehmen, Hinterlassenschaften eingraben etc.).

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Fotocredit: Maël Baland

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